1.8 Zusammenstellen von Zügen mit unterschiedlichen Bremsanlagen
1) Bremsarten kurz erklärt
- Ungebremst: Anhänger ohne eigene Betriebsbremse (nur Feststellbremse). Nur bei sehr geringer Masse zulässig.
- Auflaufbremse (mechanisch): Beim Bremsen drückt die Deichsel zusammen und betätigt die Trommel-/Scheibenbremsen. Abreißseil zwingend.
- Hydraulische Anhängerbremse: Einleiter-System; Pedaldruck am Traktor erzeugt Bremsdruck im Anhänger.
- Druckluftbremse (pneumatisch):
- Einleiter (älter, Bestandsfahrzeuge) – eingeschränkt zulässig.
- Zweileiter (Versorgungs- und Steuerleitung) – heutiger Standard für höhere Geschwindigkeiten.
- Zusatzfunktionen: ALB (Lastabhängige Bremskraft), automatische Bremsung bei Leitungsabriss, Feststellbremse.
2) Welche Kombinationen sind grundsätzlich möglich?
Faustregel: Traktor‑Bremssystem und Anhänger‑Bremssystem müssen zueinander passen – Adapter/Umsetzer nur mit zugelassener Ausrüstung und Eintragung verwenden.
| Traktor | Anhänger | Praxis‑Einschätzung (immer Papiere prüfen!) |
|---|---|---|
| ohne Anhängerbremsanlage | ungebremst | Nur sehr leichte Anhänger innerhalb der ungebremsten Anhängelast → niedrige V‑Begrenzung. |
| hydraulisch (Einleiter) | hydraulisch | Gängig im landwirtschaftlichen Bereich → Vmax gem. Eintragung (oft 25–40 km/h). |
| hydraulisch | Auflaufbremse | Möglich, aber Anhänger bremst nur auflaufend → Masse/Tempo eng begrenzt, Papiere beachten. |
| hydraulisch | pneumatisch (2‑Leiter) | Nur mit zugelassenem Hydraulik‑/Luft‑Umsetzer (Systemwandler) und Eintragung. |
| pneumatisch (2‑Leiter) | pneumatisch (2‑Leiter) | Standard für höhere Vmax (z. B. 40/60 km/h) → modern, stabil, mit ALB. |
| pneumatisch (2‑Leiter) | Auflaufbremse | Möglich, aber der Anhänger nutzt die Druckluft nicht → Tempo/Masse begrenzt. |
| pneumatisch (Einleiter) | pneumatisch (Einleiter) | Bestand möglich, oft mit niedriger Vmax; Neuzusammenstellungen kritisch prüfen. |
Nicht zulässig: Improvisierte Adapter (z. B. „Bastel‑Kupplungen“), gemischte Leitungen ohne Freigabe, blockierte/außer Funktion gesetzte Sicherheitsventile.
3) Schritt‑für‑Schritt: Gemischte Züge korrekt zusammenstellen
- Papiere prüfen: bbH, zul. Anhängelast(en), Bremsart am Traktor, Bremsart/zul. Geschwindigkeit am Anhänger, Eintragungen für Umsetzer/Adapter.
- Kompatibilität sicherstellen:
- Kupplung passt (Typ, Höhe, Tragfähigkeit).
- Bremsanschlüsse passen (hydraulisch/pneumatisch; bei 2‑Leiter: richtige Leitungen gemäß Herstellerkennzeichnung).
- Kein Mischbetrieb ohne zugelassenes System (Hydraulik ↔ Druckluft).
- Kuppeln & Sichern: Fangmaul/Öse verriegeln; Auflaufbremse: Abreißseil fest am Traktor einhängen; Leitungen spannungsfrei verlegen.
- Leitungen verbinden:
- Hydraulik: Kupplungen drucklos stecken, Dichtflächen sauber; dann Dichtheit prüfen.
- Druckluft: Leitungen kuppeln, Vorratsdruck aufbauen (Kompressor/Behälter), Knicke vermeiden.
- Funktions-/Sicherheitscheck:
- Auflauf: Freigängigkeit der Mechanik, Rückfahrautomatik, Abreißseil, Bremsprobe in der Rollprüfung.
- Hydraulik: Bremsdruck baut sich sauber auf, hält den Zug; kein Volumenverlust, keine Leckage.
- Pneumatik 2‑Leiter: Druck erreicht Sollwert; Dichtheit ok; Anhänger bremst bei Pedaldruck spürbar mit; automatische Vollbremsung bei Versorgungsdruckverlust funktionsbereit.
- ALB: Gestänge/ Sensorik frei beweglich, nicht „festgebunden“; Stellwert zur Beladung passend.
- Bremsprobe:
- Stand: Feststellbremse hält, Betriebsbremse baut Druck auf.
- Fahrt: 10–15 km/h auf freier, gerader Strecke → kräftig bremsen: Zug bleibt spurtreu, kein Schlingern oder Aufschaukeln.
- Tempo festlegen: Es gilt die langsamste Komponente (Papiere/Schilder 25/40/60) und die Bremsart. Geschwindigkeitsschild am Heck passend anbringen.
4) Typische Grenzen (ohne Gewähr – immer Eintragung prüfen)
- Auflaufbremse: Häufig auf geringe Gesamtmassen und niedrigere Vmax begrenzt (oft bis 25 km/h).
- Hydraulik (Einleiter): In der Landwirtschaft verbreitet; je nach Typgenehmigung oft bis 25/40 km/h.
- Druckluft 2‑Leiter: Standard für 40/60 km/h‑Züge (mit passenden Anhängern, ALB etc.).
5) Sicherheit + Fehler vermeiden
- Keine „Misch‑Kupplungen“ ohne Freigabe: Hydraulik ↔ Luft nur mit genehmigtem Umsetzer.
- Leitungsführung: Keine Zugspannung/Knicks; genug Spiel für Kurven/Verschränkung.
- ALB korrekt: Nie überbrücken oder „festzurren“; sonst Blockier-/Schlingergefahr.
- Feststellbremse Anhänger: Vor Abstellen anziehen; beim Kuppeln/Lösen gegen Wegrollen sichern (Keile).
- Bremsprobe nie auslassen: Besonders bei Gerätewechsel, Witterung, Beladung.
Prüfungskern (Merksatz)
„Ich kombiniere nur passende Bremsanlagen, nutze zugelassene Umsetzer, prüfe Dichtheit und Funktion, stelle ALB passend ein und richte mein Tempo nach der langsamsten Komponente – erst dann fahre ich los.“
Praxis‑Drill „Bremsmix sicher fahren“ (3–5 Min.)
- Papiere checken (Bremsart, Vmax, Anhängelast, Umsetzer‑Eintrag).
- Kuppeln: Verriegelung, Abreißsicherung (bei Auflauf), Leitungen sauber verlegt.
- Systemtest:
- Hydraulik: Pedaldruck halten → prüfe, ob Zug „steht“.
- Pneumatik: Vorratsdruck erreichen → Bremsen ansprechen, Dichtheit.
- Auflauf: Rollprobe, Rückfahrautomatik frei.
- ALB Sicht-/Funktionscheck bei beladen/leer.
- Roll‑Bremsprobe 10–15 km/h, dann Geschwindigkeitsschild/Tempo bestätigen.
- [ ] Bremsarten passend/zugelassen
- [ ] Leitungen dicht, spannungsfrei
- [ ] ALB funktionsfähig
- [ ] Bremsprobe i. O., Tempo festgelegt
Kleine Übungsfragen
- Warum darfst du Hydraulik‑ und Luftbremse nicht einfach mit Adaptern mischen?
- Woran erkennst du, dass eine 2‑Leiter‑Druckluft korrekt funktioniert?
- Welche Auswirkungen hat eine falsch eingestellte ALB beim leeren vs. beladenen Anhänger?
- Welche Schrittfolge nutzt du für die Bremsprobe vor der Abfahrt?