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5.3 Druckluftbremse, Zweileitungsbremse


Rechtsgrundlagen (Auszug)

  • StVZO § 41 Bremsen (Betriebs‑, Feststell‑, Anhängerbremsung)
  • ECE‑R13 / ECE‑R13‑H (Aufbau, Wirkungsgrade, Not-/Feststellfunktion, ABS/EBS)
  • Herstellerangaben: Drücke, Prüfabläufe, Wartungsintervalle sind bindend.

1) Systemaufbau – Zweileiterprinzip

  • Leitungen/Kupplungen
    • Rot = Vorratsleitung: versorgt die Luftbehälter am Anhänger mit Druckluft und steuert Not-/Feststellfunktion.
    • Gelb = Steuerleitung: überträgt das Bremssignal (Steuerdruck) zum Bremsrelais-/Anhängerbremsventil.
    • Alternative: Duomatic (Kombi‑Kupplung für Vorrat + Steuer in einem Kupplungskopf).
  • Zugfahrzeug (pneumatische Versorgung)
    • Kompressor → Lufttrockner → Mehrkreisschutzventil → Vorratsbehälter → Betriebsbremsventil (Fußbremse) → Anhängerbremsventil.
    • Mehrkreisschutz: trennt die Kreise (z. B. Vorder-/Hinterachse/Anhänger) – ein Leck legt nicht das gesamte System lahm.
    • Arbeitsdruck: i. d. R. ca. 8–10 bar (Herstellergrenzen beachten).
  • Im Anhänger
    • Vorratsbehälter, Rückschlag-/Sicherheitsventile, Bremsrelais-/Schnelllöseventil, Radbremszylinder; ggf. Federspeicher (Feststell-/Notbremse).
    • ALB (lastabhängige Bremskraftregelung) mechanisch/pneumatisch; ggf. ABS/EBS (zusätzliche ISO‑7638‑Stromversorgung).

2) Funktionsprinzip

  1. Druckaufbau: Rot (Vorrat) füllt die Anhängerbehälter. Erst wenn ausreichender Vorratsdruck erreicht ist, ist der Anhänger bremsbereit.
  2. Bremsen: Pedal → am Zugfahrzeug entsteht Steuerdruck → Gelb überträgt diesen an das Anhänger‑Bremsrelais → dieses lässt aus den Anhängerbehältern Arbeitsluft zu den Radzylindern. Vorteil: schnelleres, kräftiges Ansprechen.
  3. Lösen: Steuerdruck fällt ab → Relaisventil entlüftet die Radzylinder (Schnelllösefunktion beschleunigt das Lösen).
  4. Notbremsung: Reißt Rot ab oder fällt der Vorratsdruck stark ab, bremst der Anhänger selbsttätig aus seinen Behältern (Sicherheitsprinzip).

3) An‑ und Abkuppeln (Prüfungsrelevant)

  • Vorbereiten: Fahrzeuge sichern, Unterlegkeile, Kupplungsköpfe reinigen, O‑Ringe prüfen, Staubkappen abnehmen.
  • Kuppelreihenfolge
    1. Mechanische Verbindung herstellen, Stützrad hoch, Abreißseil/Notlöseeinrichtung einhängen.
    2. Elektrik stecken (ISO 1185/12098; bei ABS/EBS zusätzlich ISO 7638).
    3. Rot (Vorrat) zuerst, dann Gelb (Steuer) kuppeln. Verriegelung prüfen.
    4. Druckaufbau abwarten, dann Bremsprobe im Stand (Pedal halten, Dichtheit) und in der langsamen Rollprobe.
  • Abkuppeln
    1. Gelb zuerst lösen, dann Rot – sonst löst du eine Notbremsung des Anhängers aus.
    2. Staubkappen aufsetzen, Leitungen spannungsfrei ablegen.

4) Bedien- und Sicherheitsregeln

  • Manometer im Blick: Losfahrt erst bei ausreichendem Arbeitsdruck in den Bremskreisen und bestätigtem Vorratsdruck für den Anhänger.
  • Dichtheitskontrolle: Pedal 30–60 s konstant halten; kein deutliches Zischen, Druckabfall nur minimal. Faustwert Unterricht: max. ≈ 0,5 bar/Min (Hersteller-/Betriebsanweisung geht vor).
  • ALB: Gestänge leichtgängig, Hebel korrekt; falsche Einstellung führt zu Über- oder Unterbremsung.
  • Winterbetrieb: Lufttrockner warten, Kondensat ablassen; Vereisungsgefahr vermeiden.
  • Leitungsführung: Schläuche ohne Knick/Spannung; Scheuerschutz; Kupplungen sauber und mit intakten Dichtungen.

5) Typische Fehlerbilder – Symptome und Abhilfe

  • Falsche Reihenfolge gekuppelt (Gelb vor Rot) → Anhänger bremst sofort stark. Maßnahme: korrekt kuppeln, Systemdruck prüfen.
  • Schwache Bremswirkung → Leckagen, verstopfter Lufttrockner, defektes Bremsrelais, falsche ALB‑Einstellung. Maßnahme: Lecksuche (Leckspray), Trockner/Wartung, Ventil/ALB prüfen.
  • Träges Lösen/Heißlaufen → klemmendes Schnelllöseventil, Knick/Quetschung in Leitungen. Maßnahme: Ventil reinigen/tauschen, Leitungen korrekt verlegen.
  • Schiefziehen → ungleiche Beläge/Zylinder, ALB‑Gestänge schwergängig. Maßnahme: Achse/Radzylinder/ALB instand setzen.
  • ABS/EBS‑Störung → ISO‑7638 nicht gesteckt, Versorgungsspannung/Sensorfehler. Maßnahme: Steckverbinder/Pins prüfen, Werkstattdiagnose.
  • Feuchtigkeit/Eis → verzögertes Ansprechen. Maßnahme: Behälter entwässern, Trocknerkartusche wechseln, Wintercheck.

6) Prüfungs‑Merksatz

„Zweileiter: Rot füllt, Gelb steuert. Kuppeln: Rot vor Gelb – Lösen: Gelb vor Rot. Losfahren erst mit Vorratsdruck und bestandener Bremsprobe. ALB gängig halten.“

Praxis‑Drill (3–5 Minuten)
  1. Kuppelübung: Rot→Gelb kuppeln, ISO‑7638 stecken; Manometer beobachten bis stabiler Arbeitsdruck. Frage: Ab welchem Zustand ist der Anhänger bremsbereit?
  2. Dichtheits‑/Wirkprobe: Pedal 30–60 s halten, Druckabfall beurteilen; anschließend aus 20 km/h gleichmäßig bremsen – verzögert der Anhänger zeitgleich und spurtreu?
  3. Fehlerbild zeigen: ALB‑Gestänge simuliert schwergängig → Erkläre Auswirkung und Korrektur.

Sinnvolle Medien zum Einbau

  • Schematische Grafik: Rot (Vorrat) → Anhängerbehälter → Rückschlag/Sicherheitsventile; Gelb (Steuer) → Bremsrelais → Radzylinder; + ALB, ABS/EBS.
  • Foto: Kupplungsköpfe rot/gelb mit intakten O‑Ringen; Duomatic‑Kupplung.
  • Kurzvideo: Notbremsfunktion demonstrieren (sicher auf Übungsplatz), Rollprobe mit Blick auf Manometer.

Kleine Übungsfragen

  • Welche Aufgaben haben rote und gelbe Leitung im Zweileitersystem?
  • Warum führt das Abziehen der roten Leitung bei gekuppeltem Gelb zur Notbremsung des Anhängers?
  • Wie prüfst du die Dichtheit und ab wann gilt die Probe als bestanden?
  • Welche Rolle spielt die ALB und welche Folgen hat eine falsche Einstellung?
  • Welche zusätzlichen Anschlüsse sind bei ABS/EBS zu stecken und warum?