5.2 Kombinierte Druckluft-hydraulische Bremsanlage
Rechtsgrundlagen (Auszug)
- StVZO § 41 Bremsen (Betriebs‑, Feststell‑, Anhängerbremsanlage)
- ECE‑R13 (Bremsanlagen; Umsetzer/Wandler, Mehrkreisschutz, Anhängerbremsventil)
- Herstellerangaben/Eintragung: Nur mit zugelassenem und eingetragenem Luft‑/Hydraulik‑Umsetzer („Systemwandler“) betreiben.
1) Grundprinzip und Aufbau
- Ausgangslage: Zugfahrzeug mit Druckluft (Zweileiter: rot = Vorrat, gelb = Steuer) zieht Anhänger mit Hydraulikbremsen.
- Systemwandler (Luft‑Hydraulik‑Umsetzer): wandelt das pneumatische Bremssignal in einen hydraulischen Bremsdruck um.
- Eingang: Luftversorgung (rot) + Steuersignal (gelb) vom Anhängerbremsventil.
- Im Wandler: Membran-/Kolbensystem mit Übersetzungsverhältnis → erzeugt Öldruck proportional zur Bremsanforderung.
- Ausgang: Hydraulikleitung(en) zu den Radbremszylindern des Anhängers.
- Weitere Bauteile:
- Mehrkreisschutz am Zugfahrzeug (Versorgungssicherheit), Rückschlag-/Sicherheitsventile im Wandler/Anhänger, Druckspeicher/Behälter (luftseitig), Ausgleichs-/Vorratsbehälter (ölseitig), ggf. ALB (automatische lastabhängige Bremskraftregelung) am Anhänger.
- Rückfallebene/Sicherheit: Bei Versagen der Versorgungsleitung (rot) muss der Anhänger selbsttätig verzögern (Notbremsung über Steuerleitung/Wandler/Sicherheitsventile), sofern das System dafür ausgelegt ist.
2) Einsatzfälle und Varianten
- Land‑/Forst: Häufig hydraulisch gebremste Hänger (ein‑ oder zweileitig). Kombination mit luftgebremntem Traktor/Lkw erfolgt über Wandler.
- Luft → Hydraulik (Standard dieses Kapitels): Luftsignal vom Zugfahrzeug steuert hydraulische Radbremsen am Anhänger.
- Hydraulik → Luft: Umgekehrt möglich, aber nur mit dafür zugelassenem Hydraulik‑/Luft‑Umsetzer und Eintragung (z. B. Traktor mit Hydraulikanschluss zieht luftgebremsten Anhänger).
- Feststellbremse: Kann am Anhänger separat mechanisch oder über federspeicher‑betätigte Zylinder realisiert sein; Bedien‑ und Löseverfahren beachten.
3) Bedienung, An‑/Abkuppeln und Checks (Traktor/Lkw → Hydraulik‑Anhänger)
- Vor dem Kuppeln:
- Beide Luftkreise am Zugfahrzeug haben Betriebsdruck (Warnlampe aus).
- Wandler und Hydraulikschläuche optisch prüfen: trocken, keine Risse/Quetschungen, Kupplungen sauber.
- Richtige Hydraulikflüssigkeit laut Hersteller vorhanden (Achtung: DOT‑Bremsflüssigkeit ≠ Mineralöl; niemals mischen!).
- Kuppelreihenfolge:
- Mechanik, Stützrad, Abreißsicherung, Elektrik (Beleuchtung) herstellen.
- Luftkupplungen: rot (Vorrat) zuerst, dann gelb (Steuer). Auf festen Sitz/Dichtungen achten.
- Hydraulikseite: Leitung(en) spannungsfrei verlegen, Kupplungen sauber einrasten, Knickschutz beachten.
- Dichtheits‑ und Funktionsprüfung:
- Motor im Leerlauf, Druck steht an. Bremspedal langsam drücken und halten: luftseitig kein auffälliger Druckabfall, hydraulikseitig keine Leckage, Pedalweg konstant.
- Langsame Rollprobe geradeaus: Bremse zieht spurtreu, kein „Nachziehen“ oder Verzögerungsverzug.
- Abkuppeln: In umgekehrter Reihenfolge; Leitungen mit Kappen schützen; Druck ablassen gemäß Herstellerhinweis (hydraulische Restdrücke).
4) Typische Störungen – Symptome und Maßnahmen
- Verzögerte Bremsansprache (späte Wirkung am Anhänger):
- Luftseite: Leck/Poren an Leitungen/Kupplungen, schwergängiges Anhängerbremsventil.
- Hydraulikseite: Luft im System → fachgerecht entlüften; zu geringe Ölfüllung; gequollene Dichtungen durch falsches Medium.
- Weicher/spongy Pedalweg: Luftblasen im Hydraulikteil, undichte Radbremszylinder/Leitungen → Lecksuche, Entlüftung, defekte Teile ersetzen.
- Einseitiges Ziehen/Überbremsen: Unterschiedliche Belagzustände, blockierter ALB‑Hebel, kontaminierte Beläge (Öl).
- Häufiges Ablasen des Trockners, aber schwache Wirkung: Luftseite dichtheitsprüfen; Wandler arbeitet, aber Hydraulik verliert Druck → Schlauch/Verteiler undicht.
- Falsches Öl/DOT befüllt: Gefahr von Dichtungszerstörung – nicht weiterfahren, Anlage spülen/inst. Werkstatt.
5) Wartung und Besonderheiten (Praxis)
- Luftseite: wie in 5.1 – trockene, saubere Luft (Lufttrockner/Kondensat), Kupplungsköpfe dicht.
- Hydraulikseite: Ölstand/Qualität prüfen, Wechselintervalle einhalten, nur freigegebenes Medium verwenden; Staubschutzkappen nutzen.
- Winter: Vereisungsgefahr luftseitig minimieren (Trockner fit), zähes Öl verlängert Ansprechzeit → defensiv fahren, Bremsprobe früh machen.
- Dokumente: Eintragung/Typenschild des Wandlers, zulässige Betriebsdrücke und ggf. Geschwindigkeits-/Massenbeschränkungen mitführen/beachten.
Prüfungskern (Merksatz)
„Luft steuert – Öl bremst: Nur mit zugelassenem Wandler, richtiger Flüssigkeit und dichter Anlage fahren. Vor Abfahrt Funktionsprobe: Druck steht an, Anhänger bremst zeitgleich und spurtreu.“
Praxis‑Drill (2–4 Minuten)
- Kupplungscheck: Rot/gelb korrekt kuppeln, Hydraulikleitung einstecken, auf Dichtheit prüfen. Lernziel: Farbcodierung, Reihenfolge, Sichtprüfung.
- Bremswirkung fühlen: Auf abgesperrter Fläche aus 20 km/h zwei Bremsungen – 1× leicht, 1× mittel. Beobachten: Verzögerungsbeginn Anhänger, Spurtreue, Pedalweg.
- Fehlerbild demonstrieren: Simulierte Luftblase (nach Wartung) → spongy Pedal. Maßnahme: Entlüftung am höchsten Punkt zeigen/erklären.
Sinnvolle Medien zum Einbau
- Schematische Grafik „Luft → Wandler → Hydraulikzylinder (Radbremsen)“
- Foto eines zugelassenen Luft‑Hydraulik‑Wandlers mit Typenschild
- Kurzvideo: Funktionsprüfung – Manometerverlauf (luftseitig) und Bremsbeginn am Anhänger
Kleine Übungsfragen
- Welche Aufgabe hat der Luft‑Hydraulik‑Wandler in einer kombinierten Bremsanlage?
- Warum dürfen DOT‑Bremsflüssigkeit und Mineralöl nicht gemischt werden?
- Nenne zwei Anzeichen für Luft im hydraulischen Teil der Anlage.
- Wie lautet die korrekte Kuppelreihenfolge der Leitungen und warum?
- Welche Dokumente/Eintragungen müssen für den Betrieb einer Kombianlage vorliegen?