2.1 Bremsen
1) Wichtige Begriffe & Systemübersicht
- Betriebsbremse (Fußbremse): Wirkt auf alle/mehrere Räder; dosierbar; Hauptbremse im Fahrbetrieb.
- Feststellbremse (Parkbremse): Mechanisch/hydraulisch gesichert; Fahrzeug im Stand gegen Wegrollen sichern. Nicht zum Verzögern während der Fahrt.
- Zusatzbremsen: Motorbremse/Getriebebremse/Retarder. Entlasten die Betriebsbremse, vor allem bergab.
- Anhängerbremse (Übersicht): Auflauf-, hydraulische oder druckluftbetätigte Bremse; Details in späteren Kapiteln. Abreißsicherung prüfen.
- ABS/ASR/ESC/EBS: Fahrerassistenz für Stabilität. ABS verhindert Blockieren – Pedal bei Vollbremsung fest halten und lenken.
- Rechtsgrundlagen (Hinweis): StVZO § 41 (Bremsanlagen), StVO § 3 (Geschwindigkeit), § 4 (Abstand) – vorausschauend, situationsangepasst fahren.
2) Schritt‑für‑Schritt: Sicher bremsen
- Blick & Vorbereitung: Weit voraus schauen, früh Gas weg. Beide Hände ans Lenkrad.
- Normale Bremsung: Druck stetig steigern. Kupplung erst spät treten, damit die Motorbremse mitwirkt.
- Gefahrbremsung: Bremse voll durchtreten, Kupplung zügig dazu, damit der Motor nicht abwürgt. Mit ABS: Pedal halten und dorthin lenken, wo du hinwillst. Ohne ABS: Treten und festhalten, lenken ist nur möglich wenn die Bremse gelöst wird!
- Mit Anhänger/Zug: Gerade halten, keine ruckartigen Lenkbewegungen. Tempo früh reduzieren, Abstand vergrößern.
- Bergab: Rechtzeitig einen kleinen Gang wählen, Zusatz-/Motorbremse nutzen, keine Dauer‑Schleichbremsung (Überhitzungsgefahr).
3) Physik und Faustformeln – einfach erklärt
- Reaktionszeit: ca. 1 s (Ablenkung, Müdigkeit = länger). Faustformel Reaktionsweg:
v/10 * 3(m), v in km/h. - Bremsweg (trocken, gut Reifen):
(v/10) * (v/10)(m). Anhalteweg = Reaktionsweg + Bremsweg. - Beispiele:
- 50 km/h: Reaktion ≈ 15 m + Bremsweg ≈ 25 m → ≈ 40 m Anhalteweg.
- 80 km/h: Reaktion ≈ 24 m + Bremsweg ≈ 64 m → ≈ 88 m Anhalteweg.
- Wichtig: Mit Anhänger, Nässe/Schnee, Gefälle oder Beladung wird der Weg deutlich länger.
4) Einflussfaktoren auf den Bremsweg
- Geschwindigkeit: Verdoppelt sich v, vervierfacht sich (näherungsweise) der Bremsweg.
- Reifen: Profil, Gummi, Luftdruck, Temperatur.
- Fahrbahn: Nässe, Schmutz, Schotter, Eis → weniger Grip.
- Beladung/Anhänger: Höheres Gewicht, ungünstige Achs‑/Stützlasten verlängern den Weg und verschlechtern die Spurtreue.
- Gefälle: Hangabtriebskraft addiert sich → niedriger Gang, Motorbremse.
- Bremsanlage: Zustand/Temperatur (Fading), gleichmäßige Wirkung links/rechts.
- Assistenzsysteme: ABS hält lenkbar, ersetzt aber keinen Abstand.
5) Prüfungen/Checks und Bremsprobe
- Sicht‑/Funktionscheck vor Fahrt: Pedalweg und ‑gefühl (nicht schwammig), Warnlampen (ABS) aus, Bremsflüssigkeits‑/Druckanzeige i. O., Leitungen dicht (Hydraulik/Luft), Feststellbremse löst vollständig.
- Bremsprobe:
- Standprobe: Hält das Fahrzeug am leichten Hang? Zieht die Feststellbremse sicher?
- Rollprobe (10–15 km/h): Kräftig bremsen → der Zug bleibt spurtreu, keine einseitige Blockier‑/Schlingerneigung.
- Mit Anhänger: Leitungen spannungsfrei verlegt, Kupplung gesichert, Abreißsicherung korrekt, keine Lecks; Bremswirkung passt zum Zug (kein „Schieben“).
6) Typische Fehler – und wie du sie vermeidest
- Zu spätes/zu zaghaftes Bremsen → vorausschauend fahren, früh Druck aufbauen.
- Kupplung zu früh gedrückt → Normalbremsung: Kupplung erst kurz vor Stillstand (mehr Verzögerung, bessere Stabilität).
- Bei ABS Pedal lösen → falsch; halten und lenken.
- Bergab im Leerlauf → verboten/gefährlich; kleiner Gang + Zusatzbremsen.
- Abstand zu gering → mindestens 2‑Sekunden‑Regel; mit Anhänger/Nässe eher 3 s.
- Dauerbremsen → Fading → Bremsphasen mit Motorbremse kombinieren, Abkühlpausen.
Prüfungskern (Merksatz)
„Ich bremse vorausschauend und dosiert, halte Abstand, nutze bergab die Motorbremse und mache vor der Fahrt eine Bremsprobe. In Gefahr: voll bremsen, Kupplung zügig, blickführen und lenken.“
Praxis‑Drill „Brems‑Check & Bremsprobe“ (3–5 Min.)
- Kontrollleuchten prüfen (ABS aus, keine Warnung), Pedalgefühl testen.
- Hydraulik/Luft: Füllstand/Druck i. O.; Leitungen dicht und spannungsfrei.
- Feststellbremse: Hält sicher am leichten Hang.
- Rollprobe 10–15 km/h: Kräftig bremsen → Spurtreue prüfen; mit ABS Pedal halten.
- Bergab‑Strategie festlegen: passender Gang + Motorbremse.
- [ ] Pedal fest, Weg normal
- [ ] Warnlampen aus, Druck/Füllstand i. O.
- [ ] Leitungen dicht/korrekt verlegt
- [ ] Rollprobe spurtreu bestanden
- [ ] Bergab‑Plan steht
Sinnvolle Medien zum Einbau
- Poster/Fotokarten: Anhalteweg vs. Geschwindigkeit (Faustformeln), Reifen‑Einfluss.
- Kurzvideos (30–60 s): Gefahrbremsung mit/ohne ABS, richtige Pedaltechnik.
- Hof‑Demo: Markierte Bremswege (30/50/80 km/h) zum Einschätzen; „Fading‑Versuch“ im sicheren Rahmen erklären.
- Checklisten‑Kärtchen/QR: „Brems‑Check & Bremsprobe“ (Fahrschule Eling) fürs Handschuhfach.
Kleine Übungsfragen
- Wie lautet die Faustformel für Reaktions‑ und Bremsweg? Rechne für 80 km/h.
- Warum trittst du bei der Normalbremsung die Kupplung erst kurz vor dem Stillstand?
- Was machst du bei einer Gefahrbremsung mit ABS – und was ohne ABS?
- Nenne drei Einflussfaktoren, die deinen Bremsweg deutlich verlängern.
- Wie gehst du eine lange Bergabfahrt mit Zug an?
Hinweis: Spezielle Bremsanlagen (Auflauf-, hydraulische, Druckluft‑, elektrische Systeme, ALB/EBS) und deren Besonderheiten folgen in den nächsten Abschnitten zu 2.x.