5.2.1 Zugfahrzeug hydraulisch
Rechtsgrundlagen (Auszug)
- StVZO § 41 Bremsen (Betriebs‑, Feststell‑, Anhängerbremsung)
- ECE‑R13 (Bremsanlagen; Kombinationsbetrieb, Umsetzer/Wandler, Sicherheitsfunktionen)
- EU‑VO (Agrar): 167/2013 i. V. m. 2015/68 (Bremsanforderungen für T/ landw. Anhänger)
- Herstellerunterlagen/Eintragung: Hydraulik‑/Luft‑Umsetzer nur, wenn zugelassen und eingetragen.
1) Systemübersicht: Hydraulik am Zugfahrzeug
- Bremspedal → Anhängerbremsventil (Zugfahrzeug): erzeugt hydraulischen Bremsdruck proportional zur Pedalkraft.
- Leitungen/Kupplungen zum Anhänger:
- Einleitiges Hydrauliksystem: eine Druckleitung, Rückstellung über Radzylinder/Belagspiel (häufig in der Land‑/Forsttechnik).
- Zweileitiges Hydrauliksystem: Druck‑ und Rücklaufleitung (schnellere Lösezeiten, bessere Wärmebeherrschung – abhängig vom Fahrzeugtyp).
- Am Anhänger: Radbremszylinder (hydraulisch), ggf. ALB (lastabhängige Bremskraftregelung), Notbremseinrichtung/Abreißsicherung für Leitungsriss/Abtrennung.
- Medien: i. d. R. Hydrauliköl (Mineralöl). DOT‑Bremsflüssigkeit und Mineralöl sind nicht mischbar → Dichtungs‑/Systemschäden!
2) Varianten je nach Anhänger
- A) Anhänger hydraulisch (Direktbetrieb)
- Zugfahrzeug liefert Hydraulikdruck direkt an die Radbremszylinder des Anhängers.
- Vorteile: einfache Kuppeltechnik, kurze Ansprechzeiten; Nachteile: keine selbsttätige Notbremsung bei Leitungsabriss ohne spezielle Ventile.
- Sicherheit: Anhänger muss eine Abreiß‑/Notbremsfunktion haben (z. B. Zugseil, das ein Ventil betätigt und Druck hält/aufbaut).
- B) Anhänger luftgebremst (nur mit Umsetzer)
- Hydraulik‑/Luft‑Umsetzer (Systemwandler) wandelt Hydraulikdruck vom Zugfahrzeug in Druckluft‑Steuerdruck um.
- Zusätzlich erforderlich: Luftversorgung (Kompressor, Lufttrockner, Behälter, Mehrkreisschutz) – am Zugfahrzeug oder als eigenständiges Pack (je nach System).
- Zum Anhänger: Zweileiter‑Luftanschlüsse (rot = Vorrat, gelb = Steuer). Betrieb nur, wenn Umsetzer und Luftanlage zugelassen/eingetragen.
3) An‑ und Abkuppeln (Praxis)
- Vorbereitung: Fahrzeug sichern, Bremsdruck/Ölstand prüfen, Kupplungen/Kappen reinigen, Leitungen spannungsfrei führen.
- Kuppelreihenfolge – Hydraulik‑Anhänger:
- Mechanik kuppeln, Stützrad hoch, Abreißsicherung einhängen, Elektrik prüfen.
- Druck entlasten (Pedal kurz drücken/lösen), dann Hydraulikleitung(en) sauber einstecken; Verriegelung prüfen.
- Funktionsprobe: Pedal langsam drücken/halten → Dichtheit, gleichmäßige Wirkung.
- Kuppelreihenfolge – Luft‑Anhänger (mit Umsetzer):
- Mechanik/Elektrik wie oben.
- Hydraulik zum Umsetzer verbinden.
- Luftseite: rot (Vorrat) zuerst, dann gelb (Steuer) zum Anhänger; Dichtungen/Kappen prüfen.
- Wirkprobe: Druckaufbau beobachten, kurze Rollprobe durchführen.
- Abkuppeln: in umgekehrter Reihenfolge. Restdrucke beachten: bei heißer Anlage kann Kupplung unter Druck stehen → Druck entlasten, ggf. Drucklos‑Kuppler nutzen.
4) Typische Störungen – Symptome und Maßnahmen
- Spongy/weicher Pedalweg (Hydraulik): Luft im System, zu niedriger Ölstand, undichte Zylinder/Leitungen → Lecksuche, fachgerecht entlüften, defekte Dichtungen erneuern.
- Bremsen löst träge: verengter Rücklauf (Zweileiter), verschmutzte Kupplung, gequollenes Dichtungsmaterial (falsches Medium) → reinigen/ersetzen, Medium prüfen.
- Einseitiges Ziehen/Überbremsen: ALB‑Gestänge schwergängig/falsch eingestellt, Beläge kontaminiert, ungleiche Radzylinder → instandsetzen, ALB prüfen.
- Hydraulik → Luft (mit Umsetzer): späte/zu schwache Wirkung am Luft‑Anhänger → Umsetzer falsch justiert, Luftleck, unzureichende Luftversorgung (Kompressor/Trockner) → Dichtheit prüfen, Umsetzer nach Herstellervorgabe kalibrieren.
- Medienverwechslung: DOT vs. Mineralöl gemischt → Dichtungszerfall, Funktionsverlust → nicht weiterfahren, Anlage spülen und instandsetzen (Werkstatt).
5) Wartung und Besonderheiten
- Sauberkeit: Kupplungen stets mit Kappen schützen; Schmutz/Wasser zerstören Dichtungen und Ventile.
- Ölqualität/Intervalle: nur freigegebenes Hydrauliköl verwenden; Wechsel/Filter gemäß Hersteller.
- Winterbetrieb: kaltes Öl = zäh → längere Ansprechzeiten. Längeren Bremsweg einplanen, früh Bremsprobe.
- Sichtprüfung: feuchte Stellen = Leckhinweis; Scheuerstellen/Knicke vermeiden, Scheuerschutz anbringen.
- Dokumente: Bei Hydraulik‑/Luft‑Umsetzer Typenschild, Zulassung/Eintragung und Wartungsnachweise mitführen/beachten.
Prüfungskern (Merksatz)
„Zugfahrzeug hydraulisch: richtiges Medium, dichte Leitungen, klare Funktionsprobe. Luft‑Anhänger nur mit zugelassenem Umsetzer und ordentlicher Luftversorgung.“
Praxis‑Drill (2–4 Minuten)
- Dichtheitscheck: Pedal 30–60 s halten → Pedalweg/Leitungen beobachten; Leckspray an Kupplungen.
- Rollprobe: geradeaus 15–20 km/h → gleichmäßig bremsen. Beurteile Ansprechzeit, Spurtreue, Löseverhalten.
- Mediencheck: Schau am Anhänger auf die Beschriftung (Mineralöl oder DOT). Was ist bei dir im System? → Konsequenz bei Falschbefüllung nennen.
Sinnvolle Medien zum Einbau
- Schematische Grafik: Pedal → Anhänger‑Bremsventil → Hydraulikleitung(en) → Radzylinder (Variante A) / + Umsetzer + Luftkreise (Variante B)
- Foto: Hydraulik‑Schnellkuppler mit Staubkappen; Umsetzer mit Typenschild
- Kurzvideo: Entlüftung am höchsten Punkt zeigen; Rollprobe mit/ohne Umsetzer
Kleine Übungsfragen
- Warum dürfen DOT‑Bremsflüssigkeit und Mineralöl nicht gemischt werden?
- Welche Aufgaben hat die Abreißsicherung bei hydraulisch gebremsten Anhängern?
- Wie erkennst du bei der Rollprobe, dass die Bremse zu spät anspricht?
- Welche zusätzlichen Baugruppen sind nötig, um mit hydraulischem Zugfahrzeug einen luftgebremsten Anhänger zu ziehen?
- Nenne zwei Ursachen, wenn die Bremse nach dem Lösen „klebt“ oder verzögert zurückgeht.