3.1 Ladungssicherung
1) Wichtige Bauteile & Begriffe
- StVO‑Grundsatz (§ 22): Ladung muss so gesichert sein, dass sie selbst bei Vollbremsung/Ausweichen nicht verrutscht, kippt oder herabfällt; anerkannte Regeln der Technik anwenden (z. B. VDI 2700, EN 12195‑1).
- Formschluss: Ladeeinheiten liegen dicht an Bord‑/Prallwand oder zwischen Steckrungen – Lücken vermeiden/füllen.
- Kraftschluss (Niederzurren): Zurrgurte/Ketten drücken die Ladung mit Vorspannkraft auf die Ladefläche; rutschhemmende Matten erhöhen die Reibung.
- Direktzurren: Zurrmittel verlaufen direkt von der Ladung zu Zurrpunkten (Diagonal‑/Schrägzurren, Schlingzurren) – ideal bei schweren/kompakten Gütern.
- Zurrmittel: Gurte (LC/STF/SHF am Etikett), Ketten mit Spannern; Etikett lesbar, keine Beschädigungen, keine Knoten.
- Zurrpunkte/Ladebordwand/Prallwand: Nur geprüfte Zurrpunkte nutzen; Bordwände/Prallwand müssen die Kräfte aufnehmen können.
- Rutschhemmende Matten (RHM): Erhöhen die Reibung deutlich (typisch µ ≈ 0,6 bei sauber/trocken). Nur unbeschädigt und sauber verwenden.
- Kantenschoner/Schutzwinkel: Schützen Gurt und Ladung an scharfen Kanten und verbessern den Zurrwinkel.
- Spezialfälle: Rundholz/Rohre gegen Rollen sichern (Keile); Schüttgut mit Netzen/Planen abdecken; Ballen und BigBags form‑ und kraftschlüssig sichern.
2) Schritt‑für‑Schritt: So sicherst du Ladung richtig
- Planen: Art, Gewicht, Abmessungen, Schwerpunkt klären. Hilfsmittel bereitlegen (RHM, Gurte/Ketten, Kantenschoner, Keile, Netze).
- Fahrzeug checken: Ladefläche sauber/trocken, Zurrpunkte intakt, Bordwände/Steckrungen/Prallwand funktionsfähig.
- Positionieren: Schweres nach unten und möglichst an die Prallwand; Gewicht zwischen die Achsen, Stütz‑/Achslasten beachten.
- Formschluss herstellen: Lücken vermeiden oder füllen (Zwischenlagen, Leisten, Paletten). Rundes Ladegut gegen Rollen sichern.
- Rutschhemmung legen: Unter jede Einheit passende RHM, sauber auf sauber – keine Erde/Öl darunter.
- Methode wählen:
- Leichte/voluminöse Ladung: Niederzurren + Formschluss.
- Schwere/kompakte Ladung: Direktzurren (Diagonal/Schräg) zu tragfähigen Zurrpunkten.
- Schüttgut: Bordwände zu, ggf. Plane/Netz, keine Überhöhung.
- Zurrwinkel beachten: Möglichst flach über die Ladung (Niederzurren) oder 30–60° zum Boden beim Direktzurren; Gurte nicht verdrehen, scharfe Kanten mit Kantenschonern schützen.
- Spannen & sichern: Gurte gleichmäßig anziehen, Ratschen sichern, lose Gurtenden verstauen. Bei Ketten: Spanner sichern.
- Kontrolle: Sicht‑/Fühlkontrolle jedes Zurrpunktes, Etikett/LC prüfen, Beleuchtung/Nummernschild frei?
- Nachspannen: Nach wenigen Kilometern anhalten, Vorspannung prüfen/nachziehen; danach regelmäßig kontrollieren (bes. bei langen Fahrten/Schlechtweg).
3) Masse, Lasten, Werte – einfach erklärt
- Richtwerte für Sicherungskräfte (Praxis):
- Fahrtrichtung: bis 0,8 g (Vollbremsung)
- Seitlich: bis 0,5 g
- Rückwärts: bis 0,5 g
- Reibwerte (typisch): Holz auf Holz trocken ≈ 0,2; mit RHM ≈ 0,6; feucht/schmutzig deutlich weniger. → Sauberkeit entscheidet!
- Zurrgurt‑Etikett lesen:
- LC (Lashing Capacity) in daN: zulässige Zugkraft im Geradzug (wichtig fürs Direktzurren).
- STF (Standard Tension Force) in daN: typische Vorspannkraft einer Ratsche (wichtig fürs Niederzurren).
- SHF (Standard Hand Force): Handkraft, mit der die STF erreicht wird (meist 50 daN).
- Daumenregeln (vereinfachte Praxis):
- Mit RHM (µ≈0,6) und gut gespannten Gurten reichen bei kompakten Lasten bis ca. 800–1000 kg oft 2–4 Niederzurrungen – je nach Zurrwinkeln/Zustand. Prüfe im Zweifel mehr Gurte.
- Sehr schwere/hohe Lasten: Direktzurren (Diagonal) bevorzugen, Bord‑/Prallwand mitnutzen.
- Etikett fehlt/beschädigt? → Nicht verwenden.
4) Bremsen, Lenkstabilität, Fahreindruck
- Warnzeichen unterwegs: Poltern/„Nachsetzen“ der Ladung, nachlassende Vorspannung, Schlingern des Gespanns, längerer Bremsweg.
- Sofortmaßnahmen: Tempo reduzieren, sicher anhalten, Zurrungen prüfen/nachspannen, Ladungslage korrigieren, ggf. neu sichern.
- Vorausschauend fahren: Großzügige Abstände, sanft bremsen/lenken, in Kurven früher Tempo reduzieren; bergab Motorbremse.
5) Abmessungen, Sicht, Kennzeichnung
- Sicht & Beleuchtung: Ladung darf Leuchten/Nummernschild nicht verdecken. Wenn doch → Zusatzleuchten/‑schild montieren.
- Überstände: Regeln aus Kap. 2.7 beachten (hinten > 1,0 m → Kennzeichnung; nachts zusätzlich rotes Licht/Reflektor). Strecke/Tempo anpassen.
- Anbaugeräte in Transportstellung: Verriegeln/absenken, damit sie nicht als „bewegte Ladung“ wirken.
6) Typische Fehler – und wie du sie vermeidest
- „Ein Gurt reicht schon“: Nein – ohne RHM und ausreichende Vorspannung rutscht vieles bei 0,8 g. → Immer RHM + genug Gurte.
- Ladelücken: Lücken lassen die Ladung „anlaufen“. → Lücken schließen oder Direktzurren einsetzen.
- Falsche Zurrwinkel: Zu steil/zu flach mindert die Wirkung. → 30–60° beim Direktzurren anstreben, Gurte gleichmäßig führen.
- Beschädigte Gurte/fehlendes Etikett: Ablegen! → Nur geprüfte, unbeschädigte Zurrmittel nutzen.
- Kein Nachspann‑Stopp: Vorspannung lässt nach. → Nach wenigen km anhalten und nachziehen.
- Schmutz/Feuchtigkeit unter RHM: Reibung bricht ein. → Fläche vorher reinigen/trocknen.
Prüfungskern (Merksatz)
„Erst Formschluss schaffen, dann mit Rutschhemmung und passenden Zurrmitteln sichern – so, dass 0,8 g nach vorn und 0,5 g zur Seite/hinten gehalten werden. Nach wenigen Kilometern nachspannen.“
Praxis‑Drill „Ladung in 5 Minuten sicher“
- Ladeplan: Gewicht/Schwerpunkt, Hilfsmittel (RHM, Gurte, Kantenschoner, Keile, Netz).
- Formschluss + RHM: Lücken schließen, Matten legen.
- Zurren: Methode wählen (Nieder/Diagonal), Etikett/LC/STF checken, Kanten schützen, gleichmäßig spannen.
- Gesamtcheck: Zurrpunkte, Beleuchtung/Nummernschild frei, Überstand markiert?
- Nach 5–10 Min. Fahrt: Halt – Nachspannen/Kontrolle.
- [ ] Formschluss hergestellt
- [ ] RHM sauber, korrekt platziert
- [ ] Genügend Gurte/Ketten, Etikett ok
- [ ] Zurrwinkel/Lage geprüft
- [ ] Nachspann‑Stopp durchgeführt
Sinnvolle Medien zum Einbau
- Fotokarten/Poster: Etikett lesen (LC/STF/SHF), richtige/falsche Zurrwinkel, Beispiele Ballen/Paletten/Rohre mit/ohne RHM.
- Kurzvideos (30–60 s): Niederzurren vs. Direktzurren im Vergleich; „Nachspann‑Stopp“; Kantenschoner richtig einsetzen.
- Hof‑Demo: Bremsprobe 20–25 km/h mit schlecht vs. korrekt gesicherter Ladung (Fahreindruck/Spurtreue zeigen).
- Checkkarte/QR: „Ladungssicherung – 5 Schritte + Nachspannen“ für die Kabine (Fahrschule Eling).
Kleine Übungsfragen
- Was ist der Unterschied zwischen Formschluss und Kraftschluss – nenne je ein Praxisbeispiel.
- Warum sind rutschhemmende Matten so wirksam, und worauf musst du bei deren Einsatz achten?
- Wann wählst du Direktzurren statt Niederzurren?
- Welche Angaben auf dem Gurtetikett sind wichtig, und was bedeutet „STF“?
- Was prüfst du beim Nachspann‑Stopp nach den ersten Kilometern?