2.1.4 Einzelradbremsen
1) Begriff & Abgrenzung
Einzelradbremsen sind Bremsen, die an jedem Rad wirken. Heute Standard bei Pkw, Lkw, Anhängern und modernen Traktoren. Sie ersetzen bzw. ergänzen ältere Zentral‑/Getriebebremsen, die nur auf eine Welle wirkten.
- Vorteile: stabile Spurtreue, kürzere Bremswege, Regelbarkeit durch ABS/ESC, weniger Überlastung einzelner Bauteile.
- Hinweis Traktor: Geteilte Pedale betätigen die Hinterrad‑Einzelbremsen links/rechts. Auf der Straße: Pedale koppeln!
2) Bauarten der Radbremsen
| Bauart | Wirkprinzip | Stärken | Typische Fahrzeuge |
|---|---|---|---|
| Scheibenbremse (Festsattel/Schwimmsattel) | Beläge pressen auf Bremsscheibe → Reibung | gute Kühlung, standfest, leicht dosierbar | vorn bei Pkw/Lkw fast immer; hinten oft auch |
| Trommelbremse (Simplex/Duplex) | Bremsbacken drücken nach außen in Trommel | selbstverstärkend, geschützt gegen Schmutz | häufig an Hinterachsen, leichtere Anhänger |
| Nasslamellenbremse (Ölbad) | Mehrere Lamellenpakete im Achs‑/Nabenöl | sehr haltbar, unempfindlich, hohe Dauerlast | Traktoren, Baumaschinen, schwere Achsen |
- Aktuatoren: Hydraulikzylinder (Pkw/Traktor) oder Druckluft‑Bremszylinder/Federspeicher (Lkw/Anhänger) betätigen die Radbremsen.
- Regelsysteme: ABS (blockierfrei), EBV/EBD (elektronische Bremskraftverteilung), ESC (Stabilitätsregelung) wirken radselektiv.
3) Bedienung & Fahrtechnik (Praxis)
- Vor Fahrt: Sichtprüfung auf Leckspuren, beschädigte Schläuche/Leitungen, ungewöhnlichen Belaggeruch. Pedalweg/Vorratsdruck i. O.
- Bremsprobe: Rollprobe 10–15 km/h → kräftig bremsen. Der Zug bleibt spurtreu, zieht nicht zur Seite.
- Bergab: geeigneter kleiner Gang, Motorbremse nutzen; keine Dauer‑Schleichbremsung (Fading‑Gefahr).
- Nass/Schmutz: Nach Wasser-/Matschdurchfahrt kurz trockenbremsen (vorsichtig, ohne Hintermann zu gefährden) – Trommeln/Scheiben trocknen.
- Traktor (Offroad): Einzelpedale nur auf Feld/Wiese für enge Wendungen oder zum Geradeziehen bei Traktionsverlust einsetzen; Straße = Pedale gekoppelt.
4) Typische Fehlerbilder & was du merkst
- Fahrzeug zieht beim Bremsen zur Seite: ein Rad bremst stärker/schwächer (Belag verölt/verglast, Zylinder schwergängig, ALB/Verteilung falsch) → defensiv weiter, Werkstatt.
- Rubbeln/Vibrationen im Pedal: verzogene Bremsscheibe, ungleichmäßige Trommel, Beläge verschlissen.
- Langer, weicher Pedalweg: Luft im System, Leck, überhitzte Beläge → anhalten, Ursache prüfen lassen.
- Heißes Rad/Brandgeruch: Schleifen/festgehender Sattel oder Nachsteller defekt → Stopp, abkühlen lassen, prüfen.
- Blockierende Räder ohne ABS‑Eingriff: Raddrehzahlsensor/ABS‑Ring verschmutzt/defekt → Warnlampe beachten.
5) Wartung & Einstellung (Kurzüberblick)
- Beläge/Backen: Mindestdicke einhalten, keine Öl-/Fettspuren, gleichmäßiger Abrieb.
- Scheiben/Trommeln: Verschleißmaß, Riefen, Schlag prüfen; Radlager spielfrei.
- Nachsteller: Trommelbremsen meist automatisch, Funktion prüfen; manuell nur nach Herstellervorgabe.
- Hydraulik/Druckluft: Dichtheit, Leitungsführung, Manschetten; bei Druckluft: Entwässerung/Lufttrockner warten.
- Nasslamellen: Ölqualität/Stand nach Herstellervorgabe; keine Metallspäne/Verfärbungen.
Prüfungskern (Merksatz)
„Einzelradbremsen arbeiten an jedem Rad – für Spurtreue und kurze Bremswege. Probe bremsen, auf gleichmäßige Wirkung achten; bergab Motorbremse. Traktor‑Pedale auf der Straße koppeln.“
Praxis‑Drill „Radbremsen checken“ (2–3 Min.)
- [ ] Sichtcheck: Leitungen/Schläuche, keine Lecks
- [ ] Pedalweg/Druck i. O., Warnlampen aus
- [ ] Rollprobe 10–15 km/h: spurtreu, kein Ziehen
- [ ] Nach Bremsung: kein Geruch/Qualm, keine ungewöhnlichen Geräusche
Kleine Übungsfragen
- Was ist der Hauptunterschied zwischen Einzelradbremse und Zentral-/Getriebebremse?
- Nenne je einen Vorteil von Scheiben‑, Trommel‑ und Nasslamellenbremse.
- Woran erkennst du, dass ein Rad stärker bremst als die anderen?
- Warum sind ABS/ESC mit Einzelradbremsen besonders wirkungsvoll?
- Welche Schritte gehören zur kurzen Bremsprobe vor der Abfahrt?
Hinweis: Rechtsgrundlagen u. a. StVZO § 41 (Bremsanlagen); technische Anforderungen z. T. nach ECE‑R13. Details zur Einstellung von Verteilsystemen/ALB kommen in späteren Abschnitten.